Hallöchen!
Schon im Beitrag über Porvoo hatte ich erwähnt, dass ich nicht zum letzten Mal in dieser süßen Stadt war. Gestern war ich zum zweiten Mal dort, dieses Mal für Erasmus in Schools.
„Erasmus in Schools“ bietet Austauschstudenten die Möglichkeit, das finnische Schulsystem kennenzulernen. Dazu schickt man einen Steckbrief an die Organisation und wird dann einer Schule zugewiesen, die man besuchen kann und wo man dann als besonderer Gast in den Unterricht integriert wird. Die Schule, die mir vorgeschlagen wurde, ist eine Schule in Porvoo.
Nachdem sich die Englisch- und Deutschlehrerin Paula mit mir in Verbindung gesetzt hatte und wir einen Termin vereinbart hatten, suchte ich die Busfahrpläne raus, um nach Porvoo zu kommen. Und gestern war es dann so weit.
Um halb sechs bin ich aufgestanden, weil ich um sechs schon los musste. Schließlich beginnt die Schule auch in Finnland schon um acht Uhr. Nach einem Fehlversuch letzte Woche, bei dem ich Kommunikationsprobleme mit dem Busfahrer hatte, der offensichtlich kein Englisch spricht, startete ich an diesem Tag vom Busbahnhof Kamppi aus. Das funktionierte dann auch wunderbar.
Eine Stunde später kam ich in Porvoo an, wo mich Paula abholte und zur Schule brachte. Die erste Stunde war Englisch. Hier hat jeder Lehrer sein eigenes Klassenzimmer und die Schüler wechseln für die verschiedenen Fächer die Räume, etwas das ich aus Frankreich und den USA kenne. Im Raum von Paula warteten neun Schüler auf den Unterricht, eine bemerkenswert kleine Klasse.
Dann ging es los. Zuerst stellte ich mich vor und erklärte warum ich in Finnland bin, dann war es an den Schülern, mir Fragen zu stellen. Die betrafen Deutschland ganz allgemein, wie das Essen oder Sport und das deutsche Schulsystem oder auch mich, was ich studiere und was ich in meiner Freizeit mache. Danach war es an mir, Fragen zu stellen. Was macht ihr in eurer Freizeit? Wie ist das finnische Schulsystem aufgebaut? Was wisst ihr über Deutschland? Da die Schüler recht schüchtern waren, kam kein sehr flüssiger Dialog auf, mit ein paar direkten Fragen klappte es dann aber doch ganz gut.
Nachdem diese erste Stunde vorbei war, gab es fünfzehn Minuten Pause, wie nach jeder Schulstunde. Die nutzte Paula dazu, mich durch das Gebäude zu führen, sie zeigte mir die verschiedenen Räume und mir fiel auf, dass es hier viel mehr praktische Fächer gibt als das bei uns der Fall ist. Auch in naturwissenschaftlichen Fächern scheint hier viel mehr Praktisches gemacht zu werden als ich es von meiner ehemaligen Schule her kenne. Im Lehrerzimmer trafen wir dann die Deutschlehrerin, deren Stunde ich auch noch besuchen sollte.
Nach diesem Rundgang konnte ich in der zweiten Englischstunde den Unterricht verfolgen. Mir fiel auf, dass allgemein eine große Unruhe herrscht. Das schien aber niemanden zu stören. Da die meisten Dinge als Gruppenarbeit gemacht werden und die Lehrerin mehr oder weniger nur Moderatorin war, stellte das auch kein Problem dar. Und so verlief die komplette Stunde. Zum Großteil Gruppen- oder Partnerarbeit und die Lehrerin half bei Problemen. Zum Schluss gab es dann meiner Meinung nach ziemlich viele Hausaufgaben und die Stunde war vorbei.
Nun war wieder Pause und die Schüler sollten diese Viertelstunde dazu nutzen, nach draußen zu gehen. Währenddessen liefen Paula und ich wieder ins Lehrerzimmer, wo wir die Deutschlehrerin trafen. Mit ihr ging ich in eine Deutschklasse, die gerade erst mit dem Lernen der Sprache begonnen hat. Wieder war es eine sehr kleine Klasse von gerade mal zehn Schülern. Auch hier gab es ein kleines Frage-Antwort-Spiel, wobei sich das natürlich auf so einfache Fragen wie „Wie heißt du?“ und „Wie alt bist du?“ beschränkte, auch von meiner Seite an die Schüler. Danach erzählte ich auch hier über Deutschland und wir hörten uns auf Youtube deutsche Musik an. Viele der Dinge, die ich erzählte, übersetzte die Lehrerin auf Finnisch. Natürlich verstanden die Schüler kaum etwas von dem, was ich sagte, da sie erst seit drei Monaten Deutsch lernen.
Zum Schluss ging ich mit der Deutschlehrerin noch zum Mittagessen, das an der Schule kostenlos für Schüler und Lehrer ist und vom Staat bezahlt wird. Wir vereinbarten ein neues Treffen, um zwei weitere Deutschklassen zu besuchen und dann verabschiedete ich mich auch schon wieder. Schließlich hatte ich am Nachmittag noch Uni.
Ich lief zurück zum Busbahnhof und nutzte die Busfahrt um etwas Schlaf nachzuholen. Die Rückfahrt ging aber überraschend schnell und nach einer halben Stunde waren wir schon in Viikki, wo ich aussteigen konnte.
Wieder ein spannender Ausflug in das finnische Leben. Schließlich will ich versuchen zu verstehen, was dieses Bildungssystem ausmacht und warum es so einzigartig ist. Die kleinen Klassen, die viele Gruppenarbeit und praktische Arbeit sind sicher die auffälligsten Dinge. Auch das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler war hier viel entspannter, als ich es von Deutschland her kenne. Zudem bieten die vielen und langen Pausen Gelegenheit, das Gelernte zu verarbeiten. Es war ein sehr interessanter Einblick. Ich freue mich schon auf das nächste Mal :-).
Liebe Grüße,
Sabine 🙂